Sema: Kindheitserinnerung

02.02.11

Eine winzige neue Gastbeitragsreihe steht uns ins Haus, während die alte keineswegs beendet ist, sondern nur ein wenig lustlos vor sich hin faulenzt und darauf wartet, dass etwas geschieht. Verschiedene Schreiber werden euch hier nach und nach ein paar Kindheitserinnerungen spenden. Falls ihr ebenfalls eine Kindheitserinnerung habt, die ihr hier veröffentlichen wollt, schickt sie mir (samt Kinderfoto) an HannahKraus@gmx.de und wenn sie mir gefällt, wird sie gepostet.

Der nächste Beitrag kommt von Sema, der nicht knuddelt und nicht lieb hat, eigentlich aber doch.

Ich weiß ja nicht, wann und wo ihr aufgewachsen seid, aber das, was man so unter „Kindheit“ versteht, fand für mich Mitte/Ende der 80er Jahre in einer oberfränkischen Kleinstadt statt.

Damals im Westen war der Alltag geprägt von Hausfrauen: Überall sah man sie. Sie lungerten in Supermärkten, an der Fleischtheke und vor dem Fischladen herum und tauschten Rezepte oder den neuesten Tratsch aus. Schamlos putzten sie tagelang den Haushalt oder verbrachten ganze Vormittage damit, Essen zu kochen.

Also das, was wir Berufstätigen heute in einer Stunde erledigen. Nicht dass ich etwas gegen frisch Gekochtes hätte, ganz im Gegenteil!

Meine prägendsten Erinnerungen an Damals stehen in direktem Zusammenhang mit Essen. Drei Hausfrauen-Generationen mit teilweise jahrzehntelanger Küchenerfahrung standen mir ganzjährig zur Verfügung. Und Jede hatte ihre Spezialität:

Die leicht senile Großtante, die in der anderen Hälfte des Hauses wohnte, machte eine hervorragende Blumenkohlsuppe. Alles Handarbeit, mit schön Mehlschwitze und kleinen Blumenkohlröschen und Allem. Wichtig war: Blumenkohlsuppe gab es immer nur mittwochs. Da war sie eigen.

Handfester ging es bei meiner Oma mütterlicherseits zu. Die winzigkleine Frau (sie war damals etwa so groß wie ich) machte den besten Kartoffelsalat dieses Sonnensystems, ihr Gulasch war einfach nur zum tellerauslecken (ja, habe ich auch) und für das Brathähnchen gab es einen extra Grill inkl. drehendem Spieß. Allerdings war sie eine Backofenverweigerin. Als meine Eltern damals nach ihrem Tod die Wohnung ausgeräumt haben fanden sie die Bedienungsanleitung des Ofens in der blitzeblanken und unbenutzten Röhre.

Mutti deckte (neben Stollen und 40 Sorten Plätzchen zu Weihnachten) die Sparte „alles was mal Augen und nicht mehr als vier Beine hatte“ ab. Im Schnitt gab es an 6 Tagen in der Woche ein komplettes Fleischgericht (freitags Fisch) – mit mindestens einer Sorte selbstgemachtem Gemüse aus dem eigenen Garten und einem Salat dazu.

Hmm… wenn ich so darüber nachdenke wird mir jetzt auch klar, was die den ganzen Tag gemacht haben: Sich den Arsch für mich aufgerissen, damit ich was Leckeres auf den Tisch kriege und groß und stark werde.

Danke!