Elli: Kindheitserinnerung

21.02.11

Eine winzige neue Gastbeitragsreihe steht uns ins Haus, während die alte keineswegs beendet ist, sondern nur ein wenig lustlos vor sich hin faulenzt und darauf wartet, dass etwas geschieht. Verschiedene Schreiber werden euch hier nach und nach ein paar Kindheitserinnerungen spenden. Falls ihr ebenfalls eine Kindheitserinnerung habt, die ihr hier veröffentlichen wollt, schickt sie mir (samt Kinderfoto) an HannahKraus@gmx.de und wenn sie mir gefällt, wird sie gepostet.

Die nächste Kindheitserinnerung stammt von Elli, die lieber anonym bleiben möchte und mich mit ihrer Geschichte zu Tränen rührte .. Danke fürs Teilen.

(Via)

Wenn ich an meine Kindheit denke, habe ich meistens ein wohliges Gefühl im Bauch.

Ich erinnere mich noch an Papphände vom Eisessen, an große Kinderaugen vor dem Weihnachtsbaum. Viele Geschenke lagen darunter und ganz viele davon waren für mich! Ich erinnere mich an aufgebaute Playmobilhäuser, an Puppen, denen ich Grießbrei in den Mund stopfte, an Kuchen, die ich dir aus Sand gebacken habe. Du hast sie immer mit Genuss gegessen und gesagt, du hättest noch nie etwas so tolles gegessen.

Ich erinnere mich noch an Urlaube an der Ostsee, an denen man sich warm einpacken musste, weil der Wind so kalt war am Strand. An denen wir Burgen gebaut haben, die das Meer kurz danach wieder weg gespült hat. Abends hast du uns Geschichten vorgelesen und uns warm in unsere Decken eingepackt. Damit wir gesund bleiben. Wir füllten die Tage mit Fahrradtouren, Wettrennen, lustigen Spielen und vielem Kinderlachen.

Ich bin ein sehr fröhliches Kind gewesen. Leider weiß ich manchmal nicht mehr so genau, woher ich diese Fröhlichkeit genommen habe.

Wenn ich länger an meine Kindheit denke, bekomme ich einen Kloß im Hals und ein Ziehen im Bauch.

Dann denke ich an Krankenhäuser, an dich im Bett, von Schläuchen umgeben. Ich denke an dein Gesicht und wie es aussah, als deine Haare nicht mehr auf deinem Kopf gewachsen sind. Ich denke daran, wie du mir mein Kuscheltier geschenkt und gesagt hast: „Ich werde in Zukunft nicht immer bei euch sein können. Aber wenn du mich brauchst, dann erzähl ihm, was dich bedrückt und ich kann dich trotzdem hören.“ Manchmal mache ich das heute noch.

Du hast immer versucht, dir nichts anmerken zu lassen. Du warst da für uns, so oft es ging. Mir war das damals meistens genug.

Ich denke an dich, wie du im Bett lagst und nicht mehr sprechen konntest und wie ich dich ein paar Tage später in der Leichenhalle habe liegen sehen. Danach haben wir dir den schönen Platz unter Bäumen ausgesucht, wo du jetzt immer noch wohnst. Schön ist es da, immer ruhig und still.

Manchmal besuche ich dich heute noch da. Meistens denke ich einfach so an dich.

Ich habe gelernt, ohne dich zu leben. Vor allem habe ich gelernt, an dich zu denken und dabei zu lachen, weil ich auch an Tage denken kann, die voller Freude waren.

Nur weil du dich so bemüht hast um uns, vor allem dann, wenn es dir selber schlecht ging, habe ich heute auch manchmal ein wohliges Gefühl im Bauch, wenn ich an meine Kindheit denke. Vielen Dank dafür.