„Der unmögliche Roman“ – Zoran Zivkovic

02.08.11

Wie würdest du reagieren, wenn auf einmal der Teufel vor dir stünde? Ich rede hier nicht davon, dass ein rothautiges, gehörntes Vieh in lodernden Flammen erscheint und dich fragt, ob du deine Seele verkaufen willst, sondern von einer Tür, die sich lautlos öffnet. Eigentlich ist ein Tag wie jeder andere und als du aufblickst, siehst du die Umrisse eines Mannes in der Tür, der dich in ein Gespräch verwickelt. Kein besonderes Gespräch. Ein wenig pseudophilosophisch geht es um die Frage, was wäre, könnte man in die Vergangenheit oder Zukunft reisen und Dinge sehen, verändern, verhindern .. Sei es nun die Frage, welche Sprache die Menschen zu Beginn der Zeit sprachen oder die Frage, was gewesen wäre, wäre dieser eine Mensch nicht gestorben. Generell findest du deinen Gegenüber zwar ein wenig seltsam, aber das Wort „Teufel“ fällt nicht. Du merkst nur, dass er .. anders ist. Dass er dich auf eine Art und Weise beobachtet, die Erwartung ausdrückt und tatsächlich zieht er irgendwann eine Taschenuhr hervor und hält sie dir hin. Ein wenig verziertes Metall. Vielleicht gar nichts besonderes für dich, aber da steht diese Frage im Raum „Was wäre, wenn du damit in der Zeit reisen kannst?“

Genau darum geht es in dem Buch von Zoran Zivkovic „Der unmögliche Roman“. In einer Reihe von Kurzgeschichten, die irgendwie nicht zusammengehören und doch harmonieren, beschreibt der Autor verschiedene Szenarien, die alle eins gemeinsam haben: Das Wissen darum, dass es nicht auf jede Frage eine Antwort geben kann, – oder vielleicht doch – dass es aber auf jeden Fall passieren kann, dass man sich in eine Situation hineinlebt, aus der es so einfach kein Entrinnen mehr zu geben scheint.

„Aber wenn es etwas gab, was ich überhaupt nicht ertragen konnte, so war es, mir mein Leben manipulieren zu lassen. Ganz gleich mit welcher Ausrede.
Als ich einige Augenblicke später selbst in den grauen See eintauchte, dachte ich lächelnd, dass wir die Gänse eigentlich gar nicht verstehen. Sich unbekümmert in den Nebel zu stürzen muss keineswegs unangenehm sein.“
Zivkovic, Zoran: Der unmögliche Roman. Köln: DuMont Verlag 2011, S. 434.

Mit jeder Geschichte, die der Autor schneidert, wird ein neues Gedankenfenster geöffnet und während man sich anfangs noch in die Protagonisten hinein versetzt und ihre Entscheidungen nachvollzieht, entfernt man sich irgendwann davon und beginnt, über das eigene Leben nachzudenken und darüber, was man tun würde, wenn man die Möglichkeiten hätte, die der Teufel einem bietet. Denn auch, wenn man vielleicht im ersten Moment dazu neigt, großspurig zu behaupten, dass man etwas aus seiner Vergangenheit ändern, die Zukunft schon vorher sehen oder eine persönliche große Frage beantwortet haben will, bleibt da dieser leise Zweifel darüber, was dann wohl geschähe.

Preis vs Leistung:
[rating:60]
24,99€ sind – zugegeben – nicht gerade wenig für ein Buch. Meistens neige ich dazu, mir bei solchen Preisen zu überlegen, wie viele Taschenbücher ich davon wohl bekäme. Trotzdem lohnt es sich in dem Fall auf Mehr zu verzichten.

Schreibstil:
[rating:78]
Ich mochte den Schreibstil sehr. Auch an stark philosophierenden Stellen wurde der Kopf nicht müde, da alles nachvollziehbar geschrieben ist und zum Denken anregt.

Story/Idee
[rating:90]
Das Buch ist ein Gedankenöffner. Wenn man sich darauf einlässt, wirkt es noch nach, auch wenn es längst wieder im Regal steht.