2. Gastbeitrag: Grüne Unterhosen

24.01.10

An dieser Stelle folgt der zweite Gastbeitrag aus der Blog-Reihe: „Ich sehe was, was du nicht siehst„. Geschrieben, gedacht, gesehen von Chris, dessen Blog Polaroidmedchen ihr jederzeit besuchen könnt, wenn ihr mehr von ihm lesen wollt.


Freitags bleib ich gern zuhaus.
Denn freitags geht der Pöbel aus.
Freitag Haufensaufenzeit.
Rohrverleggelegenheit.
Frisch geputzt ins Auto steigen,
Rest des Abends wird sich zeigen,
Unterhose Calvin Klein,
bisschen Lifestyle muss schon sein.
Freieieieihightag.

Joint Venture – Freitag

Sangen die großartigen Joint Venture vor nun mehr zwölf Jahren. Über das elitäre Pöbel-Oberschicht denken, kann man ja sagen, was man will (Besitzer dieses Blogs tun das auch ganz gerne). Aber eines kann man schlicht nicht leugnen. Die Möglichkeiten sich sinnlos herauszuputzen – die sind nach wie vor schier unendlich.

Aber lasst mich anders anfangen. Als kleiner Junge saß ich oft bei meiner Oma in der Küche. Sie hatte dort einen Ofen. Viele der jüngeren Leser kennen sowas nicht mehr: Es funktioniert im Prinzip wie eine Mülltonne. Man kann also Feuer drin machen und sich dann davor setzen und sich wärmen. So etwas gibts fürs Haus und eingebaut. Und so. Ihr wisst schon. Was aber gar nicht der Punkt ist; dieser ist viel mehr, dass meine Großmutter mir damals viel an breitgestreutem Allgemeinwissen über Zwischenmenschliches beibrachte. Das waren Dinge wie: Frauen mögen Blumen. Kartoffeln schmecken zermanscht in Bratensoße hervorragend. Omas machen immer zu große Portionen. Und naja, ihr kennt das ja alles sicherlich. Mal davon abgesehen, dass sie der beste Lehrer war, den ich je im Bescheißen fand (Oh mein Gott, sie hat so dreist, aber auch genial geschummelt bei Mensch-ärgere-dich-nicht), war sie die Erste, die mir so etwas wie die Grundzüge, quasi die Bauernweisheiten, der Farbenlehre da brachte. Sie ordnete mir den Farben Aspekte zu. Klingt simpel, bestimmte aber im Großen auch meinen weiteren Weg. Egal. Worum geht es, Oma?
Der Neid ist gelb (später hörte ich noch vom Feiglingsgelb). Blaue Treue. Das flammende Rot für die Liebe, Grün ist die Hoffnung und Weiß bleibt für die Unschuld, wie Schwarz für die Trauer steht. Das ist natürlich kultur- und regionalgebunden. Und vielleicht ist es für die Leser aus Bayern, den neuen Bundesländern oder dem tiiiiefen Norden schon wieder ganz anders. Aber so hat Omma mir das beigebracht.

Und jetzt, sehr verehrte aHeadwork-Leser, tu ich etwas, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich es mal tun würde: Ich schlage eine Brücke von meiner Oma zu Joint Venture. Vom Sijerlänner Reewekooche zu propagiertem Drogenkonsum. Juchu!

Im Märchen kann die Welt nämlich ziemlich einfach sein. Das Mauerblümchen kriegt ein nettes Kleid dahin gefeet (das ist kein Anglizismus!) und eine Kürbiskutsche erscheint vor ihrer Haustür. Na, da kriegt man schon den ein oder andren Prinzen auf sich aufmerksam gemacht. Oder man ist dem Objekt der Begierde einfach an den Haaren in den 8. Stock hinauf geklettert. Und hey, mal ehrlich, wer von euch würde nicht mal eben einen feuerspeienden Riesensalamander zum Schaschlik umfunktionieren, wenn er die Gewissheit hätte, dass er dann die Prinzessin abschleppen darf? Das ist was Handfestes. Bei einer Kürbiskutsche, da weiß man, woran man ist.
Heutzutage läuft das alles natürlich viel subtiler ab. Du musst sie genau x Sekunden angucken. Nicht kürzer, sonst hält sie sich für langweilig, nicht länger, sonst bist du der Perverse. Wenn du mit ihr sprichst, dann nicht zu viel von dir. Und frag sie Sachen. Und erzähl von dir. Aber nicht zu viel, wie gesagt. Dann ein paar wohlplatzierte Getränkspendierattacken. Chirurgisch genau. Alkoholgehalt sollte klar sein. Überprüf die Frisur. Mach dich interessant. Haaaare. Aufpassen. Schwitzt du eigentlich? Ist schon heiß hier drin, besser gleich mal checken. Oh – mein – Gott. Was hat sie jetzt gesagt? Nick und lächle. Aber Lächeln? Mit wieviel Zähnen? Nur andeuten? Bisschen geheimnisvoll ist gut. Lächeln – ausgeführt. Oh, mann! Jetzt hast du schon wieder nicht zugehört.

Ihr seht schon. Das ist kompliziert. Und das alles nur um ein paar amoröse Gefühle zu evozieren. Eine Wissenschaft für sich, bei der alle Faktoren stimmen müssen, damit er sich die Hoffnung machen kann, nicht ungefickt aus diesem Abend hervor zu gehen. Die Hoffnung ist grün. Gebt mir einen Drachen. Also steht er vorm Spiegel. Krempelt die Hemdärmel hoch. Und runter. Lässt das Hemd noch mal von Mama bügeln. In der Zwischenzeit Haare machen. An meinen Körper kommt nichts, außer viel Deo und 400 Gramm Ultrahard-Styling-Wax. Ich hoffe, aber verbesser meine Chancen auch gerne. Mama hat fertig gebügelt. Hemd an, und wir wissen alle, dass es geschmacklos ist. Es ist leicht gebatikt und auf dem Rücken hat es ein Fantasy-Tribal. Provinz-Nerd in Großraumdisco, schade. Wo ist meine G-Raw-Hose mit den Camouflage-Patches? Fast ist er fertig, als ihm auffällt, dass er das wichtigste Accessoire vergessen hat. Er öffnet den Gürtel der semi-hübschen 150€ Jeans und erkennt den Fehler, der sowohl Hoden als auch Erfolgschancen maßgeblich einengt: Der typische Eierquetscher. Schießer-Feinripp mit Eingriff (wir gehen hier aus wissenschaftlichen Gründen mal von Extremfällen aus). Was ist also zu tun? Wie kann man die heiße Liebesnacht in dieser Situation noch retten? Es gibt das Phänomen, die Rettung. Es ist die Ausgehunterhose. Der feinste Zwirn wird nur am Freitag aufgetragen. Mutti muss sie immer rechtzeitig gewaschen haben, denn Freitags trägt der Mann von Welt nur Calvin Klein am kleinen Calvin. Bruno Banani (nein, jetzt kein Wortwitz mit Banane). Bisschen Lifestyle muss schon sein.

Da haben wir sie, die Kürbiskutsche des modernen Mannes. Der vermeintliche Schlüssel zum vermeintlich schwachen Geschlecht ist und bleibt die Ausgehunterwäsche. Der Rolls Royce unter den Alltagsschlüppern, der gleißende Lichtstrahl, wenn er seine Unterwäscheschublade öffnet. Dass heute Nacht wieder niemand dieses Prachtstück sehen wird – das ist ihm egal. Er versteht auch nicht warum. Er hat doch alles richtig gemacht. Es ist ein teures Label. Und sie ist grün. Grün ist doch die Hoffnung.

Der nächste Beitrag wird voraussichtlich am 28. Januar folgen und sich mit einem dieser drei Themen befassen: